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Kirchenpräsident und Bischof zu Gast im ÖGZ

DekanatÖkumenischer Teambesuch in Kranichstein

Kirchenpräsident Volker Jung und Bischof Peter Kohlgraf waren am Dienstag zu Gast im Ökumenischen Gemeindezentrum (ÖGZ) Kranichstein. Der Besuch der beiden Kirchenoberhäupter aus Anlass des 40-jährigen Bestehens des ÖGZ wurde jetzt nachgeholt, nachdem er 2020 wegen der Pandemie nicht stattfinden konnte. Die Veranstaltung wurde live übertragen. Hier ein Bericht.

Mit einer christlichen Stimme im Stadtteil präsent sein / Gemeinsam Glauben leben
Kirchenpräsident Volker Jung und Bischof Peter Kohlgraf besuchen das Ökumenische Gemeindezentrum Kranichstein

Zuhören, nachfragen, ins Gespräch kommen – das haben Kirchenpräsident Volker Jung und Bischof Peter Kohlgraf am Dienstagabend im Ökumenischen Gemeindezentrum Kranichstein getan. Bei einem „Ökumenischen Teambesuch“ stellten die beiden Kirchenoberhäupter Fragen an Haupt- und Ehrenamtliche der beiden Gemeinden Philippus und St. Jakobus, die seit 41 Jahren unter einem Dach leben. Anschließend war Gelegenheit, auch Fragen an die beiden Kirchenleitenden Persönlichkeiten zu stellen.

Deren Besuch war bereits zum 40-jährigen Jubiläum im Vorjahr geplant und wurde nun – wegen Corona – nachgeholt. Carin Strobel, evangelische Vorsitzende des Ökumenischen Ausschusses des Gemeindezentrums, und Petra Koppenhöfer, die katholische Vorsitzende, begrüßten die Leitenden Geistlichen und die Gäste. Die evangelische Dekanin Ulrike Schmidt-Hesse und der stellvertretende katholische Dekan Kai Hüsemann moderierten die Veranstaltung in der Philippuskirche, die auch live übertragen wurde. Die Dekanin erklärte zunächst, dass die Form des ökumenischen Teambesuchs aus der internationalen  Ökumene stamme und die Besuchenden als „lebendige Briefe“ im Sinne des Paulus kommen, Fragende und Befragte sich gegenseitig inspirieren und stärken sollen.

Bischof Peter Kohlgraf warf zunächst einen Blick zurück und befragte den früheren katholischen Pfarrer Lothar Landvogt, der von 1971 bis 1993 in St. Jakobus war, und den evangelischen Pfarrer Dietmar Volke, der von 1993 bis 2021 in Philippus und zuvor hier Vikar war, nach deren Erfahrungen von den Anfängen. Dass die Themen „am Anfang andere waren als heute“, berichteten auch die Eheleute Iris und Karl-Ernst Brück, die zehn Jahre nach der Gründung zum Ökumenischen Gemeindezentrum kamen. „Große Hoffnung“ habe ihnen als konfessionsverbindendes Paar das II. Vatikanische Konzil gemacht. Ihre Erwartungen seien hoch gewesen, jedoch habe vieles in dieser Zeit nicht realisiert werden können, wie sie sagten. „Heute gibt es keine Hemmnisse mehr“, so Karl-Ernst Brück.

Vieles habe sich anders entwickelt als am Anfang gedacht, mit dem Stadtteil habe sich auch das Ökumenische Gemeindezentrum verändert. Eine eigene Charta Oecumenica habe man sich gegeben, in der auch das Verhältnis zu anderen Konfessionen und Religionen und zum Stadtteil beschrieben wurde. Iris Brück berichtete von vielen ökumenischen Aktivitäten wie Sommerfest, Chor, Besuchsteam, Seniorennachmittag, Frühschoppen und Pilgergruppe.

Von „großer Euphorie am Anfang“ sprach Dietmar Volke. Auch wenn das Zentrum nach und nach von Bäumen einwuchs, wollte es keine „Insel“, sondern „offen für den Stadtteil sein“. Als „Glück und Segen“ bezeichnete der Pfarrer im Ruhestand die Zusammenarbeit der Hauptamtlichen. Von der Wandlung des Stadtteils vom „evangelischen Dorf damals zum multikulturellen Stadtteil heute“ berichtete Pastoralreferentin Sonja Knapp in einer zweiten Runde, in der Kirchenpräsident Volker Jung nach dem Hineinwirken des ÖGZ in den Stadtteil fragte. Während es am Anfang erst einmal darum ging, dass sich Evangelische und Katholische näher kennenlernten, wolle man heute „mit einer christlichen Stimme im Stadtteil präsent sein“, so Sonja Knapp.

Die „große Bedeutung“ des ÖGZ für den Stadtteil hob auch der Vorsitzende des Fördervereins Kranichstein, Heribert Varelmann hervor. Ein „echter Schatz“ sei es, „ein Gebäude mit Herz, menschenfreundlich und zum Wohlfühlen“, „die Seele des Stadtteils“. Es sei nicht nur evangelisch und katholisch, sondern das ÖGZ sei „für alle Religionen da“, wie etwa im Jugendhaus und in der Kita. „Ich hoffe, es bleibt uns noch lange und immer erhalten“, so Varelmann. Der evangelische Leiter des Ökumenischen Kinder- und Jugendhauses, Andreas Krauß, betonte, dass es heute vor allem auch um Jugendbildungsarbeit gehe und man an Haltungen arbeite. Das Jugendhaus sei ein „kleines Brennglas“, ein „Mikrokosmos des Stadtteils“. Der Kirchenpräsident stellte fest, „dass sich die Leute hier wohlfühlen.“ – „So kann es weitergehen.“

In einem dritten Gesprächsblock ging es um die gegenwärtigen Zukunftsprozesse der beiden großen Kirchen angesichts gesellschaftlicher Veränderungen und des Mitgliederrückgangs und der weniger werdenden Ressourcen. Der Bischof fragte nach „Best-Practice-Beispielen“ aus dem ÖGZ, von denen andere Gemeinden im Rahmen struktureller Veränderungen lernen könnten. Carin Strobel, evangelische Vorsitzende des Ökumenischen Ausschusses im ÖGZ und Vorsitzende der Dekanatssynode, berichtete, dass in den Sitzungen der Gremien beider Gemeinden jeweils ein Vertreter oder eine Vertreterin der anderen Gemeinde anwesend war und ist. Dies habe über die Jahre „Offenheit und Vertrauen“ geschaffen. Ulrich Wagner vom Pfarrgemeinderat berichtete davon, dass im ÖGZ immer „Wert auf persönliche Begegnung“ gelegt wurde, dazu diene bis heute auch der „Hof der Begegnung“ nach den Gottesdiensten oder der gemeinsame Frühschoppen, der aber jetzt durch Corona ausgesetzt ist. Er bedauerte, dass ein gemeinsames Abendmahl immer noch nicht möglich sei.

Dekanin Ulrike Schmidt-Hesse betonte, dass es in den Reformprozessen beider Kirchen auch um verstärkte Kooperationen in den Nachbarschaftsbereichen der jeweiligen Kirchen gehe. Dies solle mit dem Ökumenischen Gemeindezentrum gut verknüpft werden. Der Prozess diene auch dazu, dass Gemeinden ihr eigenes Profil entwickelten, so auch das ÖGZ, sagte der Bischof. Carin Strobel äußerte Ängste der beiden Gemeinden, dass diese durch Vorgaben von oben eher getrennt würden, und bat, dabei „mitzubedenken, dass wir seit 40 Jahren eng zusammenarbeiten“. Bischof und Kirchenpräsident betonten, dass in den Prozessen „gemeinsame Ressourcen“ entdeckt werden sollten, etwa beim Erhalt von Kitas und Gebäuden, die gemeinsam genutzt werden könnten.  

Im letzten Gesprächsblock standen Hoffnungen für die Zukunft im Mittelpunkt. Eher Befürchtungen äußerte die Kirchenvorstandsvorsitzende der Philippus-Kirchengemeinde, Yvonne Döll, wie mit weniger Stellen die Aufgaben noch bewältigt werden könnten. Es sei „nicht ohne entsprechende personelle Hilfe zu schaffen, das Profil zu schärfen“. „Ökumene können wir“, sagte sie selbstbewusst, und den „Glauben gemeinsam leben“. Es gebe auch immer weniger engagierte Ehrenamtliche. „Was können wir in Zukunft noch beibehalten?“ fragte sie. Es gelte, die neue Generation heranzuführen. Gabriele Schrenk, Kantorin in Philippus geht es darum, ihren Kindern „eine lebendige Gemeinde zu erhalten“. Sie würde „noch öfters gemeinsam Gottesdienst feiern“ wollen und eine eigene ökumenische Liturgie prägen. Ihr Mann Volker Schrenk, Verwaltungsratsmitglied, bat darum, das ÖGZ in die Prozesse der Kirchen - „Pastoraler Weg“ und „ekhn2030“ – einzubinden. Möglicherweise könnte es hier „Leuchtturm“ sein.

Im folgenden offenen Teil nutzten auch weitere Gemeindeglieder die Möglichkeit, ihre Sorgen angesichts der Veränderungen in den Kirchen zu äußern. Doch der Kirchenpräsident versicherte: „Niemand will die Arbeit hier vor Ort platt machen.“ Es gelte, einen Rahmen abzustecken und zu organisieren, wie mit weniger Mitteln möglichst gut gearbeitet werden könne. Der Rahmen solle jedoch „viel Freiheit ermöglichen, um vor Ort zu sehen, was passt“. Den Dekanaten komme die Aufgabe zu, dies zu gestalten. Die Vorgaben sollten aber „kein Korsett“ sein.  Verstärkte Kooperationen in größeren Regionen werde es in beiden Kirchen geben.
Laut Volker Jung solle bei weitergehenden Kooperationen eine „funktionierende ökumenische Arbeit nicht blockiert werden“. Auch der Bischof unterstrich, dass das Ökumenische Gemeindezentrum fortbestehen und sogar „auf andere Gemeinden ausstrahlen“ solle: „Ich werde sie in Ihrem pastoralen Engagement in keiner Weise lähmen, eher unterstützen und stärken“, sagte Kohlgraf. Doch wand er auch ein, dass er sich „sein Personal nicht backen“ könne. Dekanin Ulrike Schmidt-Hesse betonte, dass das Dekanat das ÖGZ „sehr gut im Blick“ habe, und unterstrich die Notwendigkeit von zusätzlichen Ressourcen für Verwaltungsaufgaben.
Sowohl ökumenische Zusammenarbeit als auch Gemeinwesenarbeit, wie im ÖGZ gelebt, seien Ziele des Reformprozesses der EKHN.

Bei den gemeinsamen ökumenischen Aktivitäten sei „noch Luft nach oben“, wie der Bischof sagte, etwa bei einer gemeinsamen Kinder- und Jugendarbeit oder im musikalischen Bereich. Zum Thema gemeinsames Abendmahl sagte er, dass er bei der Frage der Teilnahme an Abendmahls- oder Eucharistiefeier einer anderen Konfession die Gewissensentscheidung des einzelnen respektiere, die Zeit für ein gemeinsames Abendmahl aber noch nicht gekommen sei. Der Kirchenpräsident hob hervor, dass im ÖGZ bereits wechselseitige Gastfreundschaft gelebt und die jeweilige Tradition respektiert werde – „Das ist nicht wenig.“ Wichtig sei, sich selbst jeweils die Frage zu stellen: "Glaube ich, dass Christus in der Abendmahlsfeier bzw. der Eucharistiefeier der jeweils anderen Konfession gegenwärtig ist?“ Das sei die Grundlage für die persönliche Gewissensentscheidung.

Eine Resignation angesichts weniger Geld und weniger Mitgliedern, wie es ein Besucher den beiden Kirchenoberhäuptern zuschrieb, wiesen diese jedoch von sich. Bischof Peter Kohlgraf versicherte, dass er im Glauben, dass „der liebe Gott uns nicht verlassen hat“, zuversichtlich auch in diesem Prozess sei. Auch Kirchenpräsident Volker Jung rückte in den Vordergrund, dass sich die Kirche auch weiterhin „vom Evangelium bestimmen lassen“ solle und es nicht darum gehe, den Besitzstand zu wahren. Er sprach hier auch von einer „geistlichen Herausforderung“. Auch wenn das Finanzierungssystem nicht zu schnell aufgegeben werden solle, da es kontinuierliche Arbeit in Gemeinden, Einrichtungen und der Gesellschaft gewährleiste. Dass der künftige Weg der Kirchen mit weniger Ressourcen ein „geistlicher Weg“ sei, äußerte auch der Bischof. Es gelte, „die Herausforderungen im Glauben anzunehmen“. Auch die Dekanin ergänzte, dass das Evangelium „ein großer Schatz ist, den wir teilen“. Aber auch die Menschen, die sich engagieren und im Gespräch gemeinsame Wege suchten, seien verheißungsvoll.

Bischof Peter Kohlgraf und Kirchenpräsident Jung wiesen am Ende noch darauf hin, dass die Kircheneinheit ein Prozess sei, in dem die unterschiedlichen Traditionen ernst genommen werden sollten. Mit Jubiläumssekt des ÖGZ bedankten sich Carin Strobel und Petra Koppenhöfer bei Bischof Peter Kohlgraf, Kirchenpräsident Volker Jung, Dekanin Ulrike Schmidt-Hesse und dem stellvertretendem katholischen Dekan Kai Hüsemann. Die Gespräche gingen auf dem Innenhof des ÖGZ danach noch weiter.

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